Der unfangreiche Aufsatz ist in der VersR 2021, S. 12-19, abgedruckt. Aus urheberrechtlichen Gründen kann der Inhalt hier nur skizziert werden:
Bei TA ist zunächst die Kausalität zwischen versicherter Risikoquelle und dem Schadensgeschehen („Unfall“) zu prüfen, also ob der Haftpflichtversicherer für das Schadensereignis Deckungsschutz zu gewähren hat bzw. sich in dem Schadensgeschehen das versicherte Risiko realisiert hat. Hierbei bestehen bei der Schadensregulierung insbesondere Probleme bei Unfällen mit dem ruhenden Verkehr. Rechtsfolge dessen ist der Verzicht auf die Prüfung der Haftungsfrage.
Der Verzicht auf die Prüfung der Haftungsfrage umfasst die objektiven Tatbestandsmerkmale des materiell-rechtlichen Anspruchs. Bei TA ist daher insbesondere kein Gesundheitsschaden zu prüfen, da dieser eine Anspruchsvoraussetzung des gesetzlichen Haftungsanspruchs und damit ebenfalls vom Verzicht auf die Haftungsfrage umfasst ist. Es wird daher nur noch geprüft, ob für den Geschädigten infolge des versicherten Schadensereignisses Behandlungskosten aufgewandt wurden.
Greift der Verzicht auf die Prüfung der Haftungsfrage, ist die haftungsausfüllende Kausalität zwischen dem versicherten Schadensgeschehen und den für die Heilbehandlung entstandenen Aufwendungen zu prüfen. Es reicht hierfür aus, dass infolge eines versicherten Schadensereignisses Kosten aufgewandt wurden. Dies ist nur glaubhaft zu machen, da der Verzicht auch diese Kausalität umfasst. Nach Sach- und Rechtslage muss der Geschädigte den Kausalzusammenhang zwischen dem Gesundheitsschaden und den Schadenspositionen beweisen (haftungsausfüllende Kausalität). Hierfür genügt die Mitursächlichkeit, denn im Haftungsrecht steht diese – und sei es auch nur im Sinne eines Auslösers neben erheblichen anderen Umständen – der Alleinursächlichkeit haftungsrechtlich völlig gleich. Daher haftet der Schädiger auch dann für alle weiteren Schäden, wenn ein Vorschaden durch das Schadensereignis verschlimmert wird. Die Schadenszurechnung kann ausgeschossen sein, wenn der Schädiger eine sog. Reserveursache nachweist, nämlich dass die streitigen Schadenspositionen ohnehin aufgrund des Vorschadens entstanden wären („Sowieso-Kosten“). Vorschäden und Reserveursachen werden bei TA nicht geprüft, denn sie betreffen die haftungsausfüllende Kausalität des Haftungsanspruchs, die vom Verzicht auf die Prüfung der Haftungsfrage umfasst ist. Der Vereinfachungszweck des TA gebietet es, komplexe medizinische Fachfragen auszuklammern. Nach TA kann der Anspruchsteller nicht schlechter stehen, als nach SR.
Gemäß der meist in § 3 TA enthaltene Zweifelsfallklausel kann der Haftpflichtversicherer in Zweifelsfällen von der Krankenkasse den Beweis des Ursachenzusammenhangs zwischen dem versicherten Schadenfall und den Aufwendungen für den konkreten Krankheitsfall verlangen. Die „haftungsausfüllende“ Kausalität bei TA umfasst den Zusammenhang zwischen dem versicherten Schadensgeschehen und den Aufwendungen (s.o.), die sich hierauf beziehende Zweifelsfallregelung somit ebenfalls. Ein beachtlicher Zweifel liegt vor, wenn aus der Sicht eines verständigen Dritten sachliche und stichhaltige Gründe gegeben sind, an dem Zusammenhang zwischen versichertem Schadensgeschehen und den Aufwendungen zu zweifeln. Denn nach Sinn und Zweck ist für diesen Ausnahmetatbestand eine enge Anwendung geboten, um eine beliebige Ausweitung und die damit verbundene Störung des wechselseitigen Risikoausgleichs zu vermeiden.Ein Zweifelsfall liegt somit nicht vor, wenn aufgrund nachvollziehbarer subjektiver Einschätzungen und Wahrnehmung des Geschädigten ein Zusammenhang besteht, denn eine objektive Beurteilung unter Heranziehung eines Gutachtens wäre zweckwidrig, wenn der Geschädigte trotz Vorschadens erstmals seit dem Unfall durchgehend Schmerzen verspürt, deren Ursachen aber erst Wochen nach dem Unfall bildgebend festgestellt werden, nur weil nach Sach- und Rechtslage typischerweise die Verletzungen schwierig nachzuweisen sind, wie z.B. HWS-Verletzungen, nur weil zuvor Gesundheitsschäden bestanden, da Vorschäden nicht geprüft werden.
Erst wenn die Haftpflichtversicherung einen Zweifelsfall nachweist, hat der Sozialversicherungsträger die haftungsausfüllende Kausalität zu beweisen, für die das abgemilderte Beweismaß § 287 Abs. 1 ZPO gilt.
Autor
Wolfdietrich Prelinger, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht, Fachanwalt für Verkehrsrecht, Fachanwalt für Versicherungsrecht
Erscheinungsdatum
1. Januar 2021
Fundstelle
Versicherungsrecht 2021, S. 12 ff.
Zitiervorschlag
Prelinger – Teilungsabkommen in der Regulierungspraxis zwischen SVT und Haftpflichtversicherern, VersR 2021, S. 12 ff.
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